Lockdown – Tagebuch, Woche 1

26. März, Tag 1

Jetzt ist es also auch im fernen Neuseeland soweit. Seit heute Nacht gilt für vorerst vier Wochen eine weitgehende Ausgangssperre, das Land befindet sich im Lockdown. Ab jetzt dürfen wir das Haus nur noch mit triftigem Grund verlassen. Dazu zählt der Einkauf von Medizin oder Lebensmitteln, Arztbesuche und Bewegung an der frischen Luft in der näheren Umgebung. Unter allen Umständen haben wir von Personen außer den Mitgliedern unseres „Haushalts“ zwei Meter Abstand zu halten. Nach den sehr chaotischen Entwicklungen der letzten Tage haben wir ein Zuhause für die nächsten vier Wochen gefunden, ein Ferienhaus in Queenstown, das wir uns mit vier uns noch unbekannten Backpacker*innen teilen. Während wir diese Zwangspause nutzen wollen, um unter anderem diesen Blog auf den aktuellen Stand zu bringen, wollen wir zusätzlich hier in aller Kürze unsere Lockdown-Zeit festhalten.

Die verschiedenen Alarmstufen in Neuseeland. Seit Mittwoch, 23:59 Uhr, ist Stufe 4 in Kraft.

Nach dem wohl emotional anstrengendsten und turbulentesten Tag unserer bisherigen Reise kamen wir gestern Abend als Erste an unserer Unterkunft an. Wir waren sofort begeistert davon, wie schön und gut ausgestattet das Haus war, mit eigenem Bad für jedes Schlafzimmer, einer tollen Küche und Billardtisch in der Garage. Wir sahen uns eine Weile lang um und begannen, uns einzurichten, bis schließlich unsere künftigen Mitbewohner*innen eintrafen. Da wir von der Aufregung des Tages alle sehr erschöpft waren, beließen wir es vorerst bei einem kurzen Kennenlernen und gingen recht zeitig ins Bett.

Morgens begann unser erster Tag im Lockdown. Um in einen geregelten Tagesablauf zu starten standen wir recht zeitig auf und begannen nach dem Frühstück, die nächsten Wochen zu planen. Dabei ging es vor allem um die Frage, wie wir die Zeit im Lockdown einerseits produktiv nutzen und andererseits ohne durchzudrehen überstehen können. Wir setzten uns verschiedene Ziele, einerseits Dinge, die wir täglich tun, und andererseits größere Projekte, die wir im Laufe der nächsten Wochen angehen wollen. Im Laufe des Vormittags tauchten allmählich unsere Mitbewohner*innen auf und wir konnten uns etwas besser kennenlernen. Wir teilen uns das Haus mit einer Französin, einer Spanierin und einem Paar aus Lettland, mit denen wir während der Suche nach einer Unterkunft tüber Facebook in Kontakt gekommen waren. Die Anstrengungen des letzten Tages saßen uns allen noch in den Knochen, weshalb sich unser aller Tatendrang eher in Grenzen hielt. Es wurde viel geschrieben und telefoniert, und auch die anderen schmiedeten Pläne für die nächsten Wochen. Im Tagesverlauf kamen wir in der geräumigen Wohnküche immer wieder mit den anderen ins Gespräch, während wir alle unsere Zimmer einrichteten, die Küche fertig einräumten und uns anderweitig auf die kommende Zeit vorbereiteten. Wir hatten ein komisches Gefühl und ein etwas schlechtes Gewissen, als wir unseren liebgewonnenen Bus Pöörli ausräumen und fürs Erste verlassen mussten.

Blick auf die beeindruckenden „Remarkables“. Eine Aussicht, die uns die nächsten Wochen begleiten wird.

Später am Tag erreichte uns noch eine sehr erfreuliche Nachricht. Neuseeland kündigte an, aufgrund des Ausnahmezustands fast alle temporären Visa, darunter auch unseres, bis Ende September zu verlängern, sodass wir uns jetzt während des Lockdown nicht mehr mit diesem Thema beschäftigen müssen.

Nach einem sehr geschäftigen ersten Tag im Lockdown spielten wir noch eine Runde Kniffel mit unserer französischen Mitbewohnerin Maë und gingen anschließend ins Bett.

27. März, Tag 2

Unser zweiter Tag in der Quarantäne verlief eher ruhig. Um uns in der Isolation an einen geregelten Tagsablauf zu gewöhnen setzten wir die am Vortag geplanten Routinen fort, machten trotz unseres Muskelkaters Sport und begannen mit dem Vorhaben, abertausende in den letzten Monaten entstandene Fotos zu sortieren und zur Sicherung auf dem heimischen Server hochzuladen. Der Tag verstrich wie im Flug, und abends sahen wir zusammen mit Maë einen spanischen Film mit englischen Untertiteln an, sodass sie ihr Englisch und wir unser Spanisch aufbessern konnten.

28. März, Tag 3

Heute war ein ruhigerer und unproduktiverer Tag als gestern. Wir kamen später als geplant aus dem Bett und der Start in den Tag verlief schwerfällig. Unsere täglichen Routinen wurden eingehalten, aber darüber hinaus machten wir wenig Fortschritt bei unseren Projekten. Bei uns erste Anzeichen von leichtem Lagerkoller. Schon am dritten Tag – das kann ja heiter werden!

29. März, Tag 4

Heute starteten wir wieder deutlich besser in den Tag. Nachdem wir gefrühstückt und ein wenig geskyped hatten, wollten wir das traumhafte Wetter nutzen und brachen zu einem Spaziergang auf. Nach einem versehentlichen Umweg über ein Privatgrundstück, von dem wir sehr unhöflich verscheucht wurden, fanden wir den gesuchten Pfad und erklommen den Queenstown Hill, wie schon vor gut einem Monat kurz nach unserer Ankunft in Neuseeland. Auf dem Abstieg verlor sich der Weg und wir suchten uns querfeldein einen Weg den Hang hinab, der uns erfreulicherweise keine dreißig Meter von unserer Haustür entfernt wieder in die Zivilisation entließ. Im weiteren Tagesverlauf stellten wir unter großen Anstrengungen endlich den Blogeintrag über unsere Tour durch die Wüste Gobi fertig und arbeiteten weiter daran, unserer Bilderflut Herr und Frau zu werden.

Endlich wieder ein bisschen Sonne tanken.
Auch die Remarkables strahlen im Sonnenschein.

30. März, Tag 5

Nachdem wir gestern abenteuerlustig das Haus verlassen hatten, verbrachten wir den ganzen heutigen Tag zuhause und arbeiteten an unseren verschiedenen Projekten. Wir sicherten große Mengen Fotos auf dem heimischen Server und konnten gewaltige Fortschritte bei der Aktualisierung unseres Blogs verzeichnen. Dabei schwelgten wir in Erinnerungen an unsere Zeit in der Mongolei. Am späten Nachmittag begannen wir eine Runde Monopoly mit Maë und Silvia, die sich bis in den Abend hinein zog.

31. März, Tag 6

Auch heute verließen wir das Haus kaum und konzentrierten uns auf unsere Projekte, wobei wir wieder gut vorankamen. Nach unserem Sportprogramm spielten wir abends alle zusammen eine lange Runde Poker, die es sogar in ein französisches Online-Magazin schaffte ( https://lepetitjournal.com/auckland/point-sur-le-confinement-des-voyageurs-queenstown-et-wanaka-277322 ) und gingen spät schlafen.

1. April, Tag 7

Nach mittlerweile einer ganzen Woche setzt allmählich eine gewisse Routine ein. Wir haben uns alle gut an den Lockdown und aneinander gewöhnt und sind für die nächsten drei Wochen guter Dinge. Wir sind sehr froh, dass wir bei unserer mehr oder willkürlichen Mitbewohner*innensuche über Facebook so umgängliche Leute gefunden haben, mit denen wir es hoffentlich auch weiterhin entspannt aushalten werden. Auch der heutige Tag war wieder sehr ruhig und wir kamen bei Blog und Fotos gut voran.