25. – 28. August 2019
Nach der durchwachten Horrornacht in Tobolsk freuten wir uns um so mehr über das vertraute Umfeld der transsibirischen Eisenbahn. Dieses Mal hatten wir uns auch noch komfortablere Schlafplätze sichern können und teilten unser Viererabteil nur mit einer ruhigen und sehr netten älteren Dame. Die beiden Gangbetten beanspruchte ein älterer Herr, der absurde Mengen Gepäck mit sich führte. Als Nachts die Frau einstieg, die sein Gepäckbett gebucht hatte, musste er den Rest der Nacht sitzend zu den Füßen der älteren Dame verbringen. Wir dagegen verbrachten den Großteil der Fahrt damit, unser Schlafdefizit wieder aufzuholen, und waren damit noch nicht ganz fertig, als wir am nächsten Morgen Novosibirsk erreichen und etwas müde und grantig aussteigen mussten.
Novosibirsk empfing uns mit einem wunderschönen, sehr großem Bahnhof und einem kleinen, aber verzweigten Metronetz. Nach wenigen Stationen stiegen wir im Zentrum der Stadt aus und fanden auf dem Weg zum Hostel einen schönen Park, in dem wir picknickten und so das verpasste Frühstück nachholten. Unsere Unterkunft fanden wir im Keller eines Hauses, das offensichtlich gerade renoviert wurde. Das Hostel selbst war sehr verwinkelt, und während die junge Rezeptionistin jede einzelne Seite unserer Pässe kopierte, sahen wir uns in der ordentlichen aber leider nahezu fensterlosen Unterkunft um. Es gab drei Küchen, von denen jedoch nur in einer ein kleiner Herd stand, die aber ansonsten gemütlich eingerichtet waren. Wir machten uns schnell frisch und zogen los, um die Stadt zu erkunden.

Auf dem Weg zu unserem ersten Ziel, der vielgerühmten Oper von Novosibirsk, gerieten wir versehentlich in eine Tanzveranstaltung. An die hundert sehr schick, großteils eher extravagant gekleidete ältere Damen und Herren tanzten zu Livemusik in dem Park, in dem wir gefrühstückt hatten. Als wir schließlich weiterzogen und an der Oper ankamen, mussten wir feststellen, dass aufgrund der Sommerpause geschlossen war. Wir trösteten uns damit, das auch von außen sehr ansehnliche Gebäude zu besichtigen und ein kleines Fotoshooting zu veranstalten. Anschließend kauften wir ein bisschen für die nächsten Tage ein und besuchten noch ein kleines Fest mit vielen Essensständen und Livemusik. Danach kochten wir zuhause im Hostel und gingen früh ins Bett.


Am nächsten Tag zogen wir los um die älteren Teile Novosibirsks zu erkunden. Auf der Suche nach verschiedenen Straßen voller schöner alter sibirischer Holzhäuser stießen wir zufällig auf das wunderbare Café Kardamon, in dem wir einen großen Teil unserer restlichen Zeit in Novosibirsk verbringen würden. Gestärkt durch den bis dahin besten Kaffee, den wir in Russland bekommen hatten, zogen wir wieder los und besichtigten noch einige interessante Kirchen. Auf dem Heimweg hielt Pia es nicht länger aus und entschied sich, Aquarellfarben und einen Block zu kaufen, um unsere Erlebnisse festhalten zu können. Wieder im Hostel angekommen kochten wir und aßen zu abend. Als wir anschließend noch in der Küche saßen und uns leise unterhielten, kam eine Russin herein, die ebenfalls im Hostel wohnte. Sie fing an, leise vor sich hin schimpfend den Herd zu putzen, wobei sie einige Mal gut hörbar „Schwein!“ rief. Als sie damit fertig war, kam sie zu uns herüber und sagte „It’s night time, go to sleep!“, schaltete ohne eine Antwort abzuwarten das Licht aus und verschwand in ihr Zimmer, das neben der Küche lag. Wir waren von ihrem Verhalten etwas verwirrt, vor allem, da es erst kurz vor Neun war. Wir schalteten das Licht wieder an, woraufhin sie wieder aus ihrem Zimmer kam und, „Faschistas!“ vor sich hin schimpfend, in Richtung Rezeption verschwand. Wir hörten sie mit dem Rezeptionisten reden, er ruhig und sachlich, sie eher hysterisch, und kurze Zeit später kamen die beiden zusammen zurück. Er bat uns etwas hilflos, bitte einfach in eine der anderen Küchen umzuziehen, und ihm war deutlich anzumerken, dass er mit dieser reizenden (und reizbaren) Dame schon reichlich Schwierigkeiten gehabt hatte. Widerwillig zogen wir also um, um ihm seinen Abend nicht weiter zu verkomplizieren.


Den nächsten Tag über beschäftigten wir uns hauptsächlich mit der Planung unserer weiteren Route. Nach langem Hin und Her trafen wir schweren Herzens die Entscheidung, nicht nach Nepal zu reisen. Anschließend planten wir unseren Mongolei-Aufenthalt, wobei wir viele Tipps von einer Gruppe Österreicher in unserem Hostel erhielten, die gerade vier Wochen durch die Mongolei gereist waren. Den größten Teil des Tages verbrachten wir an unserem liebsten Ort in Novosibirsk, dem Café Kardamon, wo zu Mittag und Abend aßen. Schließlich gingen wir früh schlafen, denn unser Zug nach Tomsk ging am nächsten Morgen um halb Sechs.