Beijing – Großstadtgetümmel

11. – 16. Oktober 2019

Es war schon dunkel, als wir in Peking landeten. Wir betraten den gewaltigen, topmodernen Flughafen und erreichten den Schalter für Transitvisa. Nach längerer Wartezeit kamen wir an die Reihe, und während Ann-Katrins Visum problemlos ausgestellt wurde, bestätigte sich unsere Befürchtung – unser Weiterflug erfüllte die Bedingungen nicht. Uns wurde befohlen, auf einen Vertreter der Fluggesellschaft zu warten, mit der wir eingereist waren. Als dieser ankam, sagte er uns zunächst, dass wir mit dem nächsten Flug zurück in die Mongolei ausreißen müssten. Nach längeren Diskussionen und kleineren Verständigungsschwierigkeiten konnte er uns aber glücklicherweise bestätigen, dass wir auch einen anderen, gültigen Weiterflug buchen und so doch noch das Transit Visum erhalten könnten. Also suchten wir hektisch nach Flügen in Richtung Myanmar, unseres nächsten Ziels. Nach einiger Recherche stellte sich heraus, dass die einzige bezahlbare Verbindung eine mit zwei Tagen Zwischenstopp in Bangkok war, sodass wir früher als erwartet nach Thailand kommen würden. Mit unserer neuen Buchung gingen wir wieder zum Schalter und zu unserer gewaltigen Erleichterung erhielten wir nun das gewünschte sechstägige Visum. Unglaublich erschöpft machten wir uns auf den Weg zu unserem Hostel, wo wir nach einem hastigen Instantnudel-Abendessen sofort in die Betten fielen.

Eines von vielen ungewöhnlichen Fahrzeugen in den Hutongs.

Die nächsten zwei Tage verbrachten wir mit der Erkundung der Stadt. Wir durchstreiften die berühmten Hutongs, alte, mehr oder weniger kleine Gässchen voller Menschen und merkwürdiger Fahrzeuge. In zahllosen kleinen Läden stöberten wir nach traditionellen chinesischen Waren, kitschigen Kuriositäten und mehr oder weniger authentischen Fälschungen. Ann-Katrin, für die es nach den Tagen in Peking nach Hause ging, war bei der Mitbringselsuche sehr erfolgreich, doch da uns noch eine längere Reise erwartete, hielten wir uns sehr zurück. Wir erkundeten die chinesische Küche, wobei uns fast alle Gerichte bekannt vorkamen und doch ganz anders waren als zuhause. Besonders begeistert waren wir von den sogenannten Peking-Nudeln, die wir mehrmals im selben Restaurant direkt neben dem Hostel verspeisten.

Blick in die Hutongs.
Big Brother is watching you.

Wir wollten zumindest Teile des Chinabesuch-Pflichtprogramms absolvieren, weshalb wir für den nächsten Tag mit einer Tour zur chinesischen Mauer fuhren. Der Abschnitt, den wir besuchten, war weniger touristisch als die meisten anderen und bot atemberaubende Ausblicke auf die Mauer und die umliegende Landschaft. Leider war die Mauer sichtbar mit großem Aufwand restauriert worden, weshalb der Eindruck ein völlig anderer war als erwartet. Um unseren nahenden Abschied von Ann-Katrin zu begießen, gingen wir abends noch in eine nahegelegene, sehr westliche Bar.

Die chinesische Mauer schlängelt sich durch das Gebirge.

Für den letzten vollen Tag unseres Aufenthalts zog es uns in das Herz der Stadt, zum Platz des Himmlischen Friedens und zur Verbotenen Stadt. Letztere konnten wir leider nicht mehr betreten, da die Tickets für den Tag bereits ausverkauft waren. In Anbetracht der wirklich unglaublichen Menschenmassen fiel uns der Verzicht allerdings auch recht leicht, und wir verbrachten den Rest des Nachmittags in einem Park.

Am nächsten Morgen standen wir weit vor dem Morgen grauen auf, um Ann-Katrin zur Metrostation zu bringen. Nach gut zwei Monaten gemeinsamer Reise fiel uns der Abschied unglaublich schwer, und auch die nächsten Tage und Woche würden wir uns immer wieder suchend nach ihr umblicken. Nach einer Runde Frühstücksdumplings und einem Nickerchen brachen wir wieder Richtung Zentrum auf, da wir noch den aufgebahrten Mao besichtigen wollten. Sowohl dieses Vorhaben als auch unser zweiter Versuch, die Verbotene Stadt zu besuchen, scheiterten an den unfassbaren Mengen chinesischer Besucher*innen. Stattdessen entschieden wir uns für den Drum und Bell Tower und schlenderten durch eine etwas künstliche, aber dennoch sehr hübsche Parkanlagen, bevor wir schließlich zum Hostel zurückkehrten, um unser Gepäck zu holen und uns auf den Weg zum Flughafen zu machen.

Blick auf Bell-…
…und Drum Tower.

Westmongolei – West is Best!

30. September – 10. Oktober 2019

Morgens brach Nico zur chinesischen Botschaft auf, um dort hoffentlich eine Auskunft zu unserem Visa-Problem zu erhalten. Nach längerer Wartezeit wurde diese Hoffnung leider enttäuscht, und wir beschlossen, dieses Problem bis zum Zeitpunkt der Einreise in China zu vertagen. Wenig später trafen wir am Hostel Hogii, unseren Fahrer für die Tour, und Zaya, die uns zu unserer großen Freude wieder begleiten würden. Auch mit Hogii wurden wir schnell warm. Er sprach zwar kaum ein Wort Englisch, aber trotzdem verstanden wir uns sehr gut. Wir beluden den Bus, der komfortabler war als der zuvor (Armlehnen und Gurte!) und brachen auf. Genau wie gut zehn Tage zuvor stauten wir uns schier endlos aus der Stadt heraus, kauften dann Vorräte ein und fuhren schließlich die selbe Strecke, die wir am letzten Tag der Gobi-Tour gefahren waren, in die andere Richtung. Wir stoppten nur zum Mittagessen und für kurze Fotopausen und erreichten am frühen Abend ein touristisches Jurtencamp in der Nähe von Karakorum.

Der Canyon im Schneetreiben.

Wir erwachten und frühstückten noch vor Sonnenaufgang, da uns laut Zaya ein sehr langer Tag bevorstand. Unser erster Stopp war ein malerischer Canyon aus Vulkangestein. Während unserer Pause dort setzte leichter Schneeregen ein, und wir sorgten uns um das weitere Programm des Tages, vor allem um den nachmittags geplanten Reitausflug. Nach dem Mittagessen fuhren wir zu einem nahegelegenen Vulkankrater, umgeben von spektakulärer Landschaft voller Yaks.

Karge, raue Landschaft am Vulkankrater.
Perfekt ausgestattet für den mongolischen Winter.

Wenig später erreichten wir unser an einem kleinen See gelegenes Camp. Auch dieses war ein Touristencamp ohne Familie, aber dennoch deutlich einladender als das tags zuvor. In unserer Jurte wurde ein Feuer entfacht und wir tranken eine Tasse Tee, bevor Pferde für uns gebracht wurden und wir zu einem Ausritt aufbrachen. Leider waren sowohl die Pferde als auch unser Begleiter wesentlich unmotivierter als bei unserem Ritt in der Gobi, allerdings entschädigte uns die wirklich beeindruckende Landschaft ein wenig. Wegen der eisigen Temperaturen durchgefroren kehrten wir nach etwa zwei Stunden in unsere Jurte zurück und freuten uns sehr über den dort vor sich hin glühenden Ofen. Anschließend verbrachten wir einen ruhigen Abend, unterhielten uns mit Zaya und sahen uns in Erinnerung an unsere Zeit in Russland eine Folge der Serie „The Last Czars“.

Pia vor unserer Schlafjurte.

Während der Nacht erlosch das Feuer in unserer Jurte, sodass wir in den Stunden vor der Dämmerung froren und immer wieder erwachten. Gegen halb Sieben wurde es mit Hilfe eines kleinen Flammenwerfers für uns wieder angefacht, woraufhin wir noch einmal fest einschliefen. Draußen hatte es inzwischen heftig zu schneien begonnen, weshalb wir den eigentlich für den Vormittag geplanten Ritt auf nach dem Mittagessen verschoben. Wir nutzten den unerwarteten Wetterumschwung und tobten uns mit einer ausgiebigen Schneeballschlacht aus. Anschließend bauten wir gemeinsam mit Zaya eine Schneefigur.

Nachmittags gingen Pia und Ann-Katrin reiten. Die Pferde waren motivierter als am Vortag und die nun schneebedeckte Landschaft war noch schöner und abwechslungsreicher. Nico, dem vom gestrigen Ritt noch der Rücken schmerzte, entschied sich stattdessen für eine Wanderung durch die umliegenden Hügel, wobei er zwischendurch immer wieder die Reiter*innen in der Ferne sehen konnte. Abends schauten wir, in unsere Schlafsäcke gekuschelt, „The Last Czars“ weiter und kämpften anschließend den Rest der Nacht mit dem erlöschenden Feuer.

Die Pferde stehen schon bereit für unseren Ritt – mit den typisch mongolischen Holzsätteln.
Unser Camp von oben.

Morgens wurden wir wieder vom Geräusch des Flammenwerfers geweckt. Nach dem Frühstück brachen wir wieder Richtung Westen auf, zunächst noch durch verschneite Landschaft, bis plötzlich auf einen Schlag aller Schnee verschwunden war. Bis auf eine kurze Mittagspause verbrachten wir fast den ganzen Tag im Auto und kamen nachmittags in einem kleinen Städtchen an, wo wir zur Abwechslung in einer Art Hotel übernachteten. Bei einem Spaziergang durch den Ort wurden wir von zahlreichen Kindern und einigen Erwachsenen neugierig bis irritiert beäugt. Abends wurde in unserem Zimmer ein Ofen aufgebaut und wir spielten noch einige Runden Karten mit Zaya.

Nico erkundet eine Gebetsmühle in einem stillgelegten Kloster.

Auch den nächsten Tag verbrachten wir großteils im Auto. Kurz nach der Mittagspause endete die asphaltierte Straße und wir waren wieder auf Staubpisten unterwegs. Uns begegneten immer mehr Tiere und wir fuhren an beeindruckenden Bergpanoramen vorbei. Am frühen Abend kamen wir an einem wunderschön gelegenen See an, an dessen Ufer Zaya die kasachische Familie, bei der wir diese Nacht verbringen sollten, erwartet hatte. Leider war diese spontan weitergezogen, ohne dies mitzuteilen. Daher suchten Hogii und Zaya nach einer anderen Möglichkeit und wurden bei einer Familie ganz in der Nähe fündig. Diese war zwar sehr hilfsbereit, hatte allerdings nur eine freie, weil nur im Sommer bewohnte Jurte, in der gerade eine größere Menge rohes Fleisch getrocknet wurde. Obwohl sie dieses extra für uns abdeckten, erfüllte der Geruch immer noch den Raum. Wir teilten uns die Jurte mit Zaya und Hogii, und da es nicht besonders gemütlich war, legten wir uns bald nach dem Abendessen schlafen. Allerdings erwachten wir wenig später noch einmal, als Hogii uns liebevoll mit zusätzlichen Decken einpackte.

Am nächsten Morgen konnten wir es kaum erwarten aufzubrechen, einerseits wegen des intensiven Fleischgeruchs und andererseits, weil wir an diesem Tag Ölgii erreichen würden und dort das Adler-Festival beginnen würde. Unterwegs hielten wir nur einmal kurz an, um den Ausblick auf einen wunderbaren herbstlichen Wald zu genießen, und nach wenigen Stunden hatten wir endlich unser Ziel, das Gelände des Festivals erreicht.

Ein Adlerjäger mit seinem majestätischen Vogel.

Da Hogii ein fantastischer Fahrer war und uns in Windeseile durch den Westen des Landes gebracht hatte, kamen wir anders als erwartet sogar noch rechtzeitig zur Eröffnungszeremonie an. Es bot sich ein überwältigender Anblick. Weit über hundert Adlerjäger*innen zu Pferde, mit ihren majestätischen Vögeln auf dem Arm und prächtige, bunte Gewänder und Hüte gekleidet, versammelten sich vor der Bühne. Dabei wurden sie von einem Schwarm aus Fotograf*innen und Tourist*innen umringt. Nach einigen kurzen Reden und traditionellen Musik und Tanzeinlagen wurde die Wettkampffläche geräumt und das Publikum hinter eine Barrikade verbannt. Wir ergatterten einen guten Platz und wenig später begannen die Wettkämpfe.

In der ersten Disziplin wurde die Verbindung zwischen den Jäger*innen und ihren Vögeln auf die Probe gestellt. Dazu bestieg eine helfende Person mit dem Vogel einen Hügel, der über der Arena thronte. Daraufhin begann der*die Jäger*in, mit einem Stück Fleisch zu wedeln und nach dem Vogel zu rufen. Je schneller der Vogel dem Ruf folgte und auf dem Arm des*der Wettbewerber*in landete, desto mehr Punkte wurden vergeben. Dies klappte mal mehr, mal weniger gut. Einige Adler kreisten lange, bevor sie nach einigen Minuten landeten, andere verloren das Interesse und landeten außerhalb des abgesperrten Bereichs, während wieder andere einfach hinter dem Hügel verschwanden. Die schnellste gemessene Zeit betrug etwa 20 Sekunden.

Da in diesem Jahr so viele Jäger*innen wie noch nie zuvor teilnahmen, zog sich diese erste Disziplin den Rest des Tages hin. Mittags führte uns Zaya zu einem großen Zelt, wo wir zwei weitere Sunpath-Gruppen trafen, die auch für das Festival angereist waren. Eine der Gruppen hatte für die nächsten Tage das gleiche Programm wie wir und würde sich uns anschließen. Einer Person aus der Gruppe, einer schottischen Dame, waren wir schon in unserem Hostel am Baikalsee begegnet. In den Pausen schlenderten wir zwischen fliegenden Händlern umher, die verschiedenste mehr oder weniger traditionelle mongolische Handwerkskunst verkauften.

Abends stand im Theater von Ölgii eine kulturelle Vorführung statt. Es wurden traditionelle Tänze, artistische Einlagen, Musik und Gesang geboten. Dabei vermischten sich mongolische und kasachische Einflüsse, auch die Moderation fand auf Englisch, Mongolisch und Kasachisch statt. Der Westen des Landes ist stark kasachisch geprägt, der größte Teil der Bevölkerung hat kasachische Wurzeln und auch die Tradition der Adlerjagd stammt von dort. Nach der Vorführung fuhren wir alle zusammen zu unserer Unterkunft, einem mäßig sympathischen Hinterhof mit einigen äußerst spartanisch eingerichteten Jurten darin. Wir überredeten Zaya, uns noch zu einer öffentlichen Dusche zu fahren, um uns endlich wieder frisch zu machen.

Der stolze Gewinner des Kamelrennens.

Morgens ging es zurück zum Festivalgelände, wo heute verschiedene Wettkämpfe anstanden, um in verschiedenen Kategorien die Sieger*innen zu küren. Die meisten drehten sich um das Zusammenspiel zwischen Reiter*in, Pferd und Vogel, artistisches Tauziehen zu Pferd, ein Kamelrennen und verschiedene andere Nebenwettkämpfe rundeten das Programm ab.

Um es übersichtlicher zu gestalten, sind mehr Fotos vom Eagle Festival hier zu finden.

Nach zwei sehr intensiven Tagen und weit über 3000 von Pia und Ann-Katrin geschossenen Fotos zogen wir, nun als größere Gruppe, weiter westwärts. In unserem Bus fuhr ein Adlerjäger mit, in dessen Zuhause wir die Nacht verbringen würden. Bei ihm angekommen konnten wir uns per Dolmetscher mit ihm über sein Leben als Adlerjäger und die kasachische Kultur unterhalten. Dabei erfuhren wir, dass die in der restlichen Mongolei omnipräsenten Jurten der Nomadenfamilien hier wenig verbreitet waren und die meisten Familien in niedrigen Steinhäusern lebten. Morgens posierte er mit uns für ein Fotoshooting, wobei er noch einmal seine Künste demonstrierte. Anschließend durften wir auf sein Pferd steigen und den Adler auf dem Arm tragen. In einer kurzen Pause spazierten wir zu dritt zu einer in der Nähe grasenden Herde Pferde, wo Pia und Ann-Katrin den letzten freien Platz auf ihren Speicherkarten füllten.

Früh übt sich…

Wir fuhren weiter nach Westen und mit jedem Kilometer nahm die ohnehin schon spärliche Bebauung weiter ab. Die Gegend wurde rauer und bergiger, und nach einigen Stunden erreichten wir den letzten Außenposten der Zivilisation vor der russischen und chinesischen Grenze, von ein paar Militärbasen abgesehen. Dort stand eine einsame Hütte mit Platz für etwa fünfundzwanzig Gäste, bewohnt von einem Park-Ranger und seiner Familie. Im größten Raum bauten wir aus Teppichen und Schlafsäcken unser Nachtlager auf. Nach einem kurzen Spaziergang auf einen der umliegenden Gipfel verbrachten wir den Rest des Abends im Haus. Wir lernten unsere neue Reisegruppe etwas besser kennen und gingen früh schlafen, da ein anstrengender Tag bevorstand.

Am nächsten Morgen stießen wir tiefer ins Gebirge vor. Bald war der Pfad von Schnee bedeckt, sodass wir an einigen steileren Hängen längere Pausen einlegen mussten, während unsere Fahrer nach einer gangbaren Route suchten. Auch so begannen wir einige Male hangabwärts zu rutschen, weshalb wir sehr erleichtert waren, als wir unser Ziel erreicht hatten. Im Hochgebirge angekommen wanderten wir von dem Plateau, auf dem die Busse geparkt wurden, hinunter zu einem Gletscherfluss und folgten seinem Lauf eine Weile.

Die Aussicht war atemberaubend, genau wie der anschließende Wiederaufstieg. Als wir sehr erschöpft an den Autos ankamen, hatten die Fahrer schon das Mittagessen vorbereitet, und nach einer ausgedehnten Pause machten wir uns auf den Rückweg, wobei unsere waghalsigen Fahrer den verschneiten Hang bergab taktisch ausnutzen, weshalb der Rückweg wesentlich schneller erledigt war. Da uns die größere Gruppe am nächsten Tag wieder verlassen und ihre Tour beenden würde, gab es abends ein großes Abschiedsessen mit mongolischem Barbeque und einigen Runden Wodka, die einer der Fahrer sehr großzügig einschenkte.

Auf dem Weg Richtung Ölgii hielten wir am nächsten Morgen an einer Weltkulturerbestätte an, um die dortigen Petroglyphen – in den Fels gekratze Zeichnungen – zu bewundern. Nach der anschließenden Mittagspause trennten wir uns von der großen Reisegruppe und fuhren weiter zu einem kleinen kasachischen Dorf, wo wir von einer jungen Familie aufgenommen wurden. Interessanterweise hatten auch Zaya und Hogii Probleme, sich mit der Familie zu verständigen, da diese vor allem Kasachisch und nur leidlich Mongolisch sprachen. Die Eltern waren sehr am Kontakt mit uns interessiert und zeigten uns stolz ihre Fotoalben und den großen Stapel Hochzeitseinladungen, die sie in den letzten Jahren erhalten hatten. Wir revanchierten uns mit Fotos unserer Familien und der bisherigen Reise. Anschließend wollten wir, vor allem, um ein wenig Ruhe zu bekommen, spazieren gehen. Aus der Ruhe wurde allerdings nichts, da die Eltern die Gelegenheit nutzten und ihre zwei größeren Kinder mit uns losschickten. Wir zogen also zu fünft durch das Dorf und verständigten uns ohne gemeinsame Sprache mit den uns anvertrauten Kindern. Sie zeigten uns die Moschee und den Kindergarten und spielten verschiedenste Fang- und Rennspiele mit uns, deren Regeln und Sinn wir nicht immer ganz verstanden. Abends schliefen wir zusammen mit Zaya und Hogii im relativ geräumigen Wohnzimmer, während sich die Familie zu fünft in ein winzig wirkendes Schlafzimmer zurückzog.

Die prähistorischen Felsbilder.

Am nächsten Morgen wurden wir sehr früh von Kinderstimmen geweckt und brachen bald nach dem Frühstück auf. Nach sehr kurzer Fahrt erreichten wir Ölgii, wo Zaya und Hogii uns an unserer Unterkunft für die letzte Nacht absetzten und wir uns schweren Herzens von ihnen verabschieden mussten. Den Rest des Tages verbrachten wir damit, Postkarten zu schreiben, unsere Rucksäcke für den Flug am nächsten Morgen umzupacken und unseren Aufenthalt in Peking zu planen.

Abschiedsfoto mit der kasachischen Familie.

Wir standen vor dem Morgengrauen auf, um rechtzeitig am Flughafen anzukommen. Zuerst hielten wir so viel zeitlichen Puffer für übertrieben, doch als wir ankamen, stellten wir fest, dass die winzige Abfertigungshalle bei unserer Ankunft schon zum Bersten gefüllt war. Nach einiger Wartezeit und einem sehr chaotischen Check-In mit augenscheinlich willkürlich erhobenen Übergepäckgebühren warteten wir noch eine Weile, wobei uns auffiel, dass ausnahmslos alle Passagiere Wanderschuhe trugen. Während des Flugs wurden wir mit einem unerwarteten Zwischenstopp überrascht. Wir landeten an einem anderen winzigen Regionalflughafen, um dort weitere Passagiere einzusammeln. Nach kurzer Pause hoben wir wieder ab und erreichten nach kurzer Zeit Ulaanbaatar. Da wir vor unserem Flug nach Peking mehrere Stunden Aufenthalt hatten, suchten wir einen nahegelegenen Supermarkt auf, um uns mit Proviant für die weitere Reise einzudecken und unsere restlichen Tögrög loszuwerden. Die weitere Wartezeit verbrachten wir mit weiteren Planungen für unsere Zeit in Peking, und als wir schließlich unser Flugzeug bestiegen, waren wir sehr gespannt, was uns dort erwarten würde.

Terelj – Ein Hund kommt selten allein

25. – 29. September 2019

Nachdem wir uns morgens von Jasmijn verabschiedet hatten, machten wir uns auf den Weg zur Bushaltestelle. Dort angekommen wurden wir bald von einem sehr verwirrt wirkenden Mongolen bedrängt, der einen Karton mit Hundewelpen darin trug. Er redete laut und schnell auf Mongolisch auf uns ein und wurde aggressiv, doch zum Glück schritten einige andere Wartende ein und schafften es, ihn zum Weitergehen zu bewegen. Als schließlich unser Bus kam, begann eine sehr holprige und staubige Fahrt nach Nalaikh, etwa eine Stunde von Ulaanbaatar entfernt. Von dort ging es mit einer Art Sammeltaxi weiter. Da die fünfzehn Sitzplätze mit 25 Erwachsenen, mehreren Kindern und verschiedenstem Gepäck gefüllt wurden, war die Fahrt etwas beengt. Wir fuhren an zahllosen Jurtencamps und Hotels vorbei und waren zunächst etwas enttäuscht, da wir uns die Gegend ruhig und idyllisch vorgestellt hatten. Daher war es eine große Erleichterung, als wir an unserem Ziel, einem Dorf kurz vor Ende der Straße, feststellten, dass dort bis auf ein überraschend großes Luxushotel keinerlei Tourismus mehr zu sehen war.

Wir machten uns relativ ziellos auf den Weg und trafen nach wenigen hundert Meter einen Straßenhund, der sich uns sofort anschloss. Er trabte neben uns her, während wir weiter durch das Dorf zogen. Kurze Zeit später stießen zwei weitere Hunde dazu, sodass uns ein kleines Rudel begleitete. Wir folgten einem Flusslauf aus der Dorf heraus und kamen bald an einen sehr schönen Platz, an dem wir die Nacht verbringen wollten. Während wir aßen und unsere Zelte aufbauten verließ uns einer der Hunde, sodass wir nur noch zwei bei uns hatten. Abends entfachten wir ein Lagerfeuer gegen die Kälte und legten uns nach dem Essen schlafen. Wir schliefen unruhig, da die Hunde während der Nacht sehr viel bellten und wir immer wieder aufschreckten.

Der nächste Tag begann warm und sonnig, eine Wohltat nach der Kälte des Abends und der Nacht. Wir frühstückten gemütlich, und nach einer Weile machten sich Ann-Katrin und Pia mit den beiden Hunden auf, um auszukundschaften, wie die nähere Umgebung aussah. Als sie feststellten, dass wir den schönsten Ort der Gegend schon gefunden hatten, beschlossen wir, dort noch eine Nacht zu bleiben. Im Laufe des Nachmittags verschwand unser zweiter Hund, den wir aufgrund seiner Ähnlichkeit zu einem Eisbären Lars getauft hatten, sodass nur noch Lotte, der erste Hund, der uns gefolgt war, bei uns blieb. Wie am Tag zuvor kochten wir abends am Feuer, bekamen dabei allerdings Besuch von zwei Mongolen. Sie stapften in den Fluss und schienen dort Bodenproben zu nehmen, wobei sie uns gestenreich darum baten, ihnen dabei mit unseren Stirnlampen zu leuchten.

Unser etwas übereifriger Beschützer Lars.

Da Lotte ohne Lars‘ schlechten Einfluss nur sehr wenig bellte schliefen wir deutlich besser als in der Nacht zuvor. Wir verbrachten einen ruhigen Vormittag und beschlossen bald, auch die letzte Nacht unseres Ausflugs an diesem Ort zu verbringen. Den ganzen Tag über herrschte Urlaubsstimmung und wir konnten uns zum ersten Mal seit langem wieder richtig entspannen. Abends fütterten wir, entgegen unseres bisherigen Vorsatzes, Lotte doch noch ein bisschen mit Resten unseres Abendessens vom Vortag. Wir aßen am Lagerfeuer und gingen früh schlafen.

Lotte erholt sich in der Sonne von einem anstrengenden Tag.

Da es heute zurück nach Ulaanbaatar ging standen wir zeitig auf und bauten nach dem Frühstück unsere Zelte ab. Auf dem Weg zurück ins Dorf verließ uns schließlich auch unsere treue Lotte und schloss sich sofort einer anderen Gruppe von Campern an. An der Bushaltestelle angekommen warteten wir länger auf den Bus. Als dieser nach etwa einer Stunde immer noch nicht aufgetaucht war, hielt glücklicherweise ein Sammeltaxi an, das uns bis nach Nalaikh mitnahmen, wo wir wieder den Bus nach Ulaanbaatar bestiegen. Im Hostel angekommen duschten wir, wuschen unsere Kleidung und aßen anschließend im Luna Blanca, unserem veganen Stammrestaurant, zu Abend.

Unser gemütliches Lager.

Der nächste Tag begann mit einem Schock. Pia stellte fest, dass wir bei der Buchung unseres Flugs nach Myanmar gegen die Auflagen unseres Transitvisums für Peking verstoßen hatten. Diese erforderten einen Direktflug in ein Drittland, der von uns gebuchte Flug hatte aber einen Zwischenstopp in Kumping. Nach kurzer Panik und hastiger Recherche beschlossen wir, am nächsten Morgen der chinesischen Botschaft einen Besuch abzustatten.

Um unseren Besuch in Ulaanbaatar abzurunden besuchten wir nachmittags das etwas verwirrende, aber sehr interessante Dinosauriermuseum der Stadt. Anschließend hoben wir noch einmal einen Sack voller Tögrög-Scheine ab, bezahlten unsere Rechnung bei Sunpath und packten für die anstehende Tour in den Westen.

Ulaanbaatar II – Wieder in der Zivilisation

22. – 24. September 2019

Ausgeschlafen und frischgewaschen machten wir uns morgens daran, unsere weitere Zeit in der Mongolei zu planen. Wir wollten einige Tage in Ulaanbaatar und im nahegelegenen Terelj-Nationalpark verbringen und danach zu einer zweiten Tour mit Sunpath aufbrechen. Es fiel uns sehr schwer, doch nach mehreren Stunden Kopfzerbrechen hatten wir die Auswahl auf zwei Optionen reduziert: eine Tour durch den Norden des Landes zu Rentier-Nomaden oder eine in den fernen Westen, um dort das jährlich stattfindende Adler-Festival in Ölgii zu besuchen. Nach erneutem langem Abwägen entschieden wir uns schließlich für den Westen, auch weil Doljmaa, die Chefin von Sunpath, uns dazu riet („West is Best!“). Froh uns entschieden zu haben, aber auch sehr erschöpft, aßen wir in einem nahegelegenen veganen Restaurant hervorragend und spottbillig zu Abend.

Um endlich wieder etwas zu sehen, beschlossen wir, mit dem Bus zum Zaisan Memorial, einem alten Sowjet-Denkmal hoch über der Stadt zu fahren. Dies gestaltete sich als schwieriger als gedacht, da es uns völlig unmöglich war, herauszufinden, welche Buslinie ab wo zu unserem Ziel fahren würde. Nach einiger Zeit gaben wir frustriert auf und nahmen ein Taxi. Das Denkmal an sich war eine herbe Enttäuschung, doch der fantastische Ausblick über die Stadt entschädigt uns für unsere Mühen. Völlig erschöpft verbrachten wir danach den Rest des Tages im Hostel.

Sowjetische Brüderlichkeit am Zaisan-Memorial.
Die Skyline von Ulaanbaatar.

Zum Abschluss unserer Zeit in Ulaanbaatar begaben wir uns noch auf eine kleine Shopping-Tour. Unter anderem versuchten wir, einen Ersatz für Pias Handyakku zu finden, der am Baikalsee den Geist aufgegeben hatte. Wir wurden in einer Art Basar fündig, in dem hunderte identisch aussehende kleine Stände die für unseren ungeübten Blick genau gleichen Waren verkauften. Nach kurzer Suche sprachen wir eine zufällig ausgewählte Verkäuferin an, und wenig später verkaufte sie uns einen Akku aus dem Bestand ihrer Standnachbarin. Weniger erfolgreich war leider unsere Suche nach einer Wanderkarte für unsere Zeit im Terelj-Nationalpark, weshalb wir beschlossen, uns mit Maps.Me durchzuschlagen.

Abends aßen wir mit Jasmijn zu Abend, die am nächsten Tag nach Peking aufbrechen würde, und tranken dazu mongolisches Bier, gebraut nach dem deutschen Reinheitsgebot. Auf dem Weg zurück zum Hostel hoben wir eine absurde Menge Tögrög ab, um unsere Gobi-Tour zu bezahlen. Da der größte Tögrög-Schein weniger als sieben Euro wert ist, mussten wir mehrmals abheben und trugen anschließend ein stattliches Bündel Scheine nach Hause.

Die Wüste Gobi – Endlose Weiten

15. – 21. September 2019

Am nächsten Morgen standen wir zeitig auf und frühstückten, gespannt auf den Start unserer Tour. Nach kurzer Zeit holte uns Zaya, unsere Tourguide, die uns durch die nächste Woche führen sollte, ab. Wir schulterten unser Gepäck und trafen Sanjar, unseren Fahrer. Zusammen liefen wir etwa 15 Minuten zu unserem Bus, der aufgrund des monatlichen Auto-freien Tags ein gutes Stück entfernt geparkt war. Nachdem wir das Gepäck verstaut hatten, machten wir uns mit dem Bus vertraut, in dem wir einen großen Teil der nächsten Tage verbringen würden. Es handelte sich um einen alten russischen Van, bleigrau lackiert, wie wir ihn in Russland und in unserer kurzen Zeit in der Mongolei schon hundertfach gesehen hatten. Im hinteren Teil des Busses befanden sich zwei einander zugewandte Sitzbänke, auf denen wir jeweils zu zweit Platz nahmen. Es gab keine Gurte, und durch die Kombination aus schwierigen Straßenverhältnissen und der eher niedrigen Decke mussten wir oft aufpassen, uns nicht den Kopf anzuhauen. Nachdem wir uns eingerichtet hatten, fädelte Sanjar den Bus in den wahnsinnigen Verkehr von Ulaanbaatar ein.

Der Bus, in dem Sanjar uns eine Woche lange auf für uns unsichtbaren Pfaden durch die mongolische Steppe brachte.

Während wir uns aus der Stadt hinaus stauten, erzählte Zaya uns, was in den nächsten Tagen auf uns zukommen würde. Wir hatten während der Tourplanung schon einen groben Überblick bekommen, doch sie erklärte noch etwas mehr zu den einzelnen Stationen der Tour. Inzwischen begann sich die Landschaft draußen zu wandeln. Enge Straßen und Häuserblocks wurden zunächst immer mehr von Jurten, dann von grünen Hügeln abgelöst. Als wir die Stadt hinter uns gelassen hatten, stoppten wir noch kurz für einen Großeinkauf. Zaya und Sanjar kauften den Großteil der Lebensmittel für die kommende Woche sowie eine große Menge Trinkwasser ein, und anschließend ging die Fahrt im inzwischen sehr schwer beladenen Bus weiter. Mit der sich verändernden Landschaft wandelte sich auch die Straße, Asphalt verschwand bald fast vollständig und wurde durch die vertrauten Sand- und Staubpisten abgelöst. Nach einiger Zeit stoppten wir zur Mittagspause an einem kleinen mongolischen Restaurant. Hier gestaltete sich die vegetarische Auswahl wie befürchtet eher schwierig. Es gab zwar Fleischgerichten in großer Zahl, aber nur eine einzige vegetarische Option; ein Trend, der sich fortsetzen würde. Nach der Pause änderte sich die Landschaft immer weiter, Häuser verschwanden vollständig, von einigen kleinen Raststätten entlang der Straße und einer Kleinstadt, der Provinzhauptstadt der Region Gobi, abgesehen. Dafür sahen wir unzählige große Herden, die oft von Hirten zu Pferd oder auf alten Motorrädern über die Straße getrieben wurden. Kühe verschwanden bald, dafür mischten sich in die Herden von Pferden, Ziegen und Schafen bald immer wieder Kamele.

Nach einigen Stunden Fahrt erreichten wir unser Ziel für den Tag – die „White Stupa“ , eine beeindruckende Felsformation, von deren Spitze aus wir einen fantastischen kilometerweiten Ausblick über die umliegende Steppe genossen. Nachdem wir die Gegend ausführlich erkundet hatten fuhren wir zu unserer Unterkunft, einem Jurtencamp ganz in der Nähe. Auf dem Weg dorthin übte Zaya mit uns einige Basisbegriffe auf Mongolische, was sich als sehr hilfreich erwies, als wir am Ziel unseren Gastgebern vorgestellt wurden. Das Camp wurde von einer sehr netten mongolischen Familie betrieben, die außer uns noch zwei andere kleine Reisegruppen zu Gast hatten. Gemeinsam aßen wir Nudeln mit Gemüse und für die meisten mit Hammelfleisch, die die Gastgeberin für uns vorbereitet hatte.

Die Felsen der White Stupa.

Wir bezogen unsere Jurte, erkundeten dann ein wenig die Umgebung und sahen uns die Herden der Familie, darunter auch eine größere Gruppe Kamele, an und genossen einen wunderschönen, aber leider auch bitter kalten Sonnenuntergang, bevor wir früh schlafen gingen.

Ein Wüstensonnenaufgang, wie wir ihn uns nicht schöner hätten vorstellen können. N

Am nächsten Morgen riss uns der Wecker um fünf Uhr aus dem Schlaf. Da die Gegend so weitläufig war und der Sonnenuntergang uns sehr beeindruckt hatte, wollten wir auch den Sonnenaufgang sehen. Wir wurden nicht enttäuscht, die hinter Kamelen und Jurten aufgehende Sonne sah mindestens so spektakulär aus wie erwartet, und wir genossen den Ausblick, dick angezogen und in unsere Schlafsäcke gehüllt vor unserer Jurte sitzend. Nachdem wir das Schauspiel genossen und unzählige Fotos gemacht hatten, legten wir uns nochmal hin und wurden wenig später von Zaya geweckt, die uns das Frühstück brachte. Anschließend packten wir zusammen und brachen in Richtung unserer zweiten Station auf, des Yol Valley, eines felsigen Canyons in der Wüste. Nach etwa zwei Stunden Fahrt, in denen wir Unmengen an Herden und Raubvögeln gesehen hatten, stoppten wir fürs Mittagessen. Wie am Vortag gab es nur eine angeblich vegetarische Option, in der Pia und Ann-Katrin allerdings trotzdem kleine Fleischstückchen fanden.

Kurz nach dem Essen erreichten wir unser Ziel, den Eingang des Yol Valley. Wie Zaya uns erzählte, ist das Tal normalerweise ganzjährig zu großen Teilen von Eis und Schnee bedeckt, doch seit einigen Jahren taut es während der Sommermonate komplett. Unsere Enttäuschung verflog schnell, denn auch ohne Eis und Schnee war das Tal absolut malerisch. Während wir zwischen den Klippen wanderten, begegnete uns alle paar Meter ein Yak, und etwas später trabte eine Herde Pferde vorbei. Als wir uns dem Ende des Tals näherten, begegneten uns zwei ältere Mongolen, beide von ihnen Künstler. Einer malte seine Eindrücke aus dem Tal auf Leinwand, während der andere Tiermotive in aus dem Flusslauf gesammelte Steine schnitzte. Wenig später machten wir uns auf den Rückweg und kehrten zu unserem Bus zurück. Wir fuhren jedoch nur wenige hundert Meter und erreichten daher früh unseren Schlafplatz, ein kleines Touristencamp.

Nico und Yak beäugen sich.

Da es noch sehr hell war erklommen wir einen nahegelegenen Hügel, von dem aus sich ein traumhafter Rundblick über die umliegende Gegend bot. Nach einer reichhaltigen Suppe wärmten wir uns noch mit einem Schluck unseres russischen Vodkas und legten uns anschließend schlafen.

Wir genießen den Ausblick über die Hügellandschaft.

Als wir am nächsten Morgen erwachten, herrschte vor unserer Jurte leichte Verwüstung. Einige Pferde waren während der Nacht durch das Camp gezogen und hatten dabei Pflöcke und Stühle umgeworfen. Wir halfen wieder etwas Ordnung zu schaffen und frühstückten im Sonnenschein vor unserer Jurte. Anschließend machten wir uns auf den Weg zu unserem nächsten Ziel, den Khongor-Sanddünen. Lange bevor wir unser Camp für die Nacht am Fuß der Dünen erreichten, begann sich die Landschaft zu wandeln. Die Vegetation wurde noch spärlicher als ohnehin schon, und mit jedem Kilometer wurde der Boden sandiger, bis wir schließlich an echten, allerdings noch sehr niedrigen Dünen entlang fuhren. Gegen Mittag erreichten wir unseren Schlafplatz für diese Nacht, das Camp einer Familie, die neben den obligatorischen Schafen und Ziegen auch eine größere Herde Kamele hielt. Wie am ersten Tag trafen wir zunächst die Familie. In der sehr hübsch und aufwändig eingerichteten Familienjurte konnten wir den traditionellen Schnupftabak probieren. Wir taten uns dabei zunächst etwas schwer, und auch nachdem unser Gastgeber es uns noch einmal gezeigt hatte, spürten wir keine nennenswerte Wirkung. Außerdem tranken wir wieder Milktea und Ann-Katrin probierte sie einen Würfel, der Karamell zu sein schien, sich aber leider als eine Art vergorener Ziegenjoghurt herausstellte. Im Anschluss aßen wir in der Sonne Buchweizensalat, und nach einer kurzen Mittagspause wurden unsere Kamele gesattelt. Anders als unser Gastgeber beim Lostrotten gescherzt hatte, ritten wir nicht bis nach Ulaanbaatar, sondern nur eine etwa einstündige Runde. Unseres Kamele machten ihrem Spitznamen alle Ehre und schwankten uns gemütlich durch die Steppe. Während unseres Ritts kraulten wir immer wieder ihr flauschiges Fell. Als wir schließlich wieder das Camp erreichten, veranstalteten wir noch ein kleines Fotoshooting mit unseren Reittieren.

Wenig später machten wir uns auf den Weg zu den Sanddünen, um von ihrem Gipfel den Sonnenuntergang zu genießen. Der Aufstieg war sehr beschwerlich, doch der phänomenale Ausblick entschädigt uns dafür allemal. Allerdings herrschte oben ein schneidender Wind, der uns heftig den Sand um die Ohren blies. Wir öffneten eine Flasche Portwein und leerten sie, während die Sonne sank. Anschließend machten wir uns an den Abstieg, der im Gegensatz zum Aufstieg ein großes Vergnügen darstellte und auch sehr viel schneller erledigt war.

Wieder im Camp aßen wir zu Abend und gingen ins Bett, wobei wir unsere Jurte gegen eine kleine Ziege verteidigen mussten, die die Nacht lieber bei uns als bei ihrer Herde verbringen wollte und beharrlich an unserer Tür kratzte.

Am nächsten Tag war unser erstes Ziel ein geröllübersäter Hügel, auf dem Zaya uns alte Steinmalereien zeigen wollte. Leider fand sie trotz längerer Suche nicht den richtigen Weg und fuhren unverrichteter Dinge weiter. Wenig später aßen wir in einem kleinen Dorf zu Mittag und nutzten anschließend die dortige öffentliche Duschanlage, nach vier Tagen ohne fließendes Wasser eine wahre Wohltat. Nach kurzer Fahrt kamen wir an einem großen, leider wenig sympathischen Jurtencamp an, das bis auf uns und eine weitere Sunpath-Gruppe unbewohnt war.

Leider keine Malereien, aber immerhin eine schöne Aussicht.

Die Hauptattraktion dieses Tages waren die Flaming Cliffs, eine zerklüftete, in der untergehenden Sonne tiefrot leuchtende Felsformation. Nach Sonnenuntergang kehrten wir zum Camp zurück und veranstalteten nach dem Abendessen ein kleines Fotoshooting vor der offenen Jurte. Dies stellte sich als schwerwiegender Fehler heraus, da plötzlich unzählige Insekten hineinflogen und bald den gesamten Boden bedeckten. Wir besorgten einen Besen und gingen, als unsere Jurte wieder sauber war, schlafen.

Sonnenuntergang nahe der Flaming Cliffs.

Der nächste Tag begann gemütlich, wir frühstückten später als sonst und verbrachten den Rest des Vormittags im Bus. Unterwegs hielten wir einmal an, um doch noch Steinmalereien bestaunen zu können. Mittags gab es in einem kleinen Restaurant vegetarische Dumplings, die erstaunlicherweise sehr lecker waren. Danach führte unser Weg zum Kloster Ongi. Einst eines der größten Klöster der Mongolei, bewohnt von über tausend Mönchen, wurde es während der kommunistischen Herrschaft komplett zerstört. Seit einigen Jahren laufen zaghaft Versuche, es wieder zu eröffnen und aufzubauen. Zaya erklärte uns vieles über die in der Mongolei praktizierte Form des Buddhismus und führte uns durch die Ruinen und die neu entstehenden Schreine.

Im Anschluss ging es weiter zu der Familie, in deren Camp wir die Nacht verbringen sollten. Es folgte das bekannte Begrüßungsritual mit Milktea, Gebäck und Schnupftabak, wobei wir dieses Mal auch die berühmt-berüchtigte vergorene Stutenmilch namens Airag probieren durften. Der Geschmack war interessant, aber auch sehr gewöhnungsbedürftig, Nico trankt aus Höflichkeit mehr als ein paar Schlucke, was er wenig später bitter bereute, da unsere Mägen die vergorene Milch nicht besonders gut vertrugen.

Die Familie hatte zwei kleine Töchter, von denen sich eine sehr schnell auf Zaya und die andere auf uns vier fixierte. Während des Teetrinkens ließ sie sich von Pia zahlreiche Tiere malen, mit denen sie mal mehr, mal weniger zufrieden war. Im Hintergrund rührte die Mutter in einem riesigen Topf voller gärender Stutenmilch. Als etwas später die Pferde gemolken wurden konnten wir auch diesem ersten Schritt der Produktion beiwohnen. Leider schienen die Haltungsbedingungen der Tiere hier nicht so angenehm wie wir das inzwischen gewohnt waren, die zahlreichen Fohlen waren an kurzen Stricken eng aneinander angepflockt. Während wir das Melken beobachteten und die Pferde fotografierten, sprang die jüngere Tochter der Familie um uns herum, ließ sich Fotos zeigen und von Jasmin die Benutzung ihrer Kamera erklären. Kurz darauf machte sich die Familie allerdings auf den Weg in die nächste Stadt, und zu ihrem Leidwesen musste auch die Kleine mit, worüber sie sich lautstark beschwerte. Da nun etwas Ruhe eingekehrt war verbrachten wir einen entspannten Abend und versuchten unter anderem, diesen Blog auf einen aktuelleren Stand zu bringen.

Morgens führte unser Weg weiter nach Karakorum, der ursprünglichen Hauptstadt des mongolischen Reichs, Leider war von der Stadt selbst kaum noch etwas zu sehen, lediglich eine alte Mauer, die das ehemalige Zentrum der Stadt umschloss. Wir besichtigten zwei interessante, aber relativ neue Tempel und schlenderten anschließend durch einige der zahllosen benachbarten Souvenirläden.

Nach kurzer Weiterfahrt hielten wir an einigen winzigen Sanddünen, wo mehrere Tourbusse standen und andere Touristen auf sehr unglücklich aussehenden Kamelen ritten. Dies hob unsere Wertschätzung unser Kameltour und Dünenerfahrung nochmal auf ein ganz neues Niveau. Wir waren sehr erleichtert, als wir schließlich weiter und tiefer in einen malerischen felsigen Nationalpark hinein fuhren. Bald erreichten wir das letzte Camp unserer Tour, wie gehabt von Hunden, Schafen, Pferden und Ziegen bevölkert, aber noch ohne Menschen. Die Familie kam wenig später in einem Pickup angefahren, mit sechs lautstark singenden Kindern auf der Ladefläche. Nach kurzem Kennenlernen wurden für uns vier Pferde gesucht, eingefangen und gesattelt und wir brachen zu einem kleinen Ausritt auf. Unser Reitbegleiter, der kein Wort Englisch sprach, unterhielt sich trotzdem eifrig und gestenreich mit uns und demonstrierte sein beeindruckendes Repertoire an Tiergeräuschen. Pia hatte ein etwas gemütlicheres Pferd erwischt und versuchte es größtenteils erfolglos anzutreiben, während der Rest der Gruppe allmählich in der Ferne verschwand. Schließlich hatte unser Begleiter Erbarmen und ritt ein Stück zurück, um es in Gang zu bringen. Auf dem Rückweg zeigte sich nicht nur Pias, sondern unser aller Pferde deutlich motivierter und wir galoppierten Teile der Strecke. Abends gab es mongolisches Barbecue, Fleisch und Kartoffeln auf einem mit Dung beheiztem Ofen gegart. Später kamen Zaya und zwei der Kinder in unsere Jurte und zeigten uns Karten- und Würfelspiele, wobei letztere mit Schafsknöchelchen gespielt wurden. Im Laufe des Abends stießen auch noch die Eltern dazu, weshalb es in der Jurte sehr eng, warm und gemütlich wurde. Sie brachten eine Flasche hervorragenden Wodka mit, die sie mit uns teilten, und wir verbrachten gemeinsam einen der bisher schönsten Abende unserer Reise.

Mongolisches Barbecue mit Dung-Ofen.

Nach dem Frühstück am nächsten Morgen wollten wir noch ein Foto mit der Familie machen, doch leider waren die Eltern schon unterwegs. Daher posierten wir mit den Kindern, der Großmutter und einer uns völlig unbekannten Frau, die gerade vorbei kam.

Wir machten uns auf und besichtigten unterwegs noch ein kleines Kloster, das zunächst zugesperrt war. Der Schlüsselträger sperrte uns die Tür auf, und nach kurzem Gespräch stellte sich heraus, dass er vor vielen Jahren in der Nähe von Nürnberg gewohnt hatte.

Während der Mittagspause schrieben wir heimlich Dankeskarten an Sanjar und Zaya, bevor wir uns in den schier endlosen Stau nach Ulaanbaatar eingliederten. Wieder am Hostel angekommen verabschiedeten wir uns schweren Herzens von den beiden und duschten danach erstmal ausgiebig. Anschließend gingen wir Kaffeetrinken und Einkaufen, aßen noch im Hostel zu Abend und gingen schließlich früh ins Bett, froh wieder in der Zivilisation zu sein, aber auch etwas wehmütig.